Reformation in Bayern – medial
Jahrestagung 2017 des Vereins für bayerische Kirchengeschichte Wildbad Rothenburg o. d. T. 16.-18. Juni
Der Verein für bayerische Kirchengeschichte hat im Reformationsgedenkjahr 2017 ein Zeichen gesetzt. Die Fülle der Veranstaltungen ist schwer zu überblicken. Zu rechnen ist kaum noch mit Unerwartetem.
Genau dies aber glückte dem im zehnten Jahrzehnt stehenden, 1924 in Rothenburg gegründeten Verein für bayerische Kirchengeschichte. Verbreitung von Reformation in ihren Anfängen nachzugehen weit über das literarische Geschehen hinaus, dies gar an Altbayern demonstrieren zu wollen, erscheint dem zum „katholischen„ Bayern informierten Zeitgenossen als ,das falsche Thema‘.
Der Kieler Professor für Neuere Kirchengeschichte Tim Lorentzen indes vermochte die Wege der Verbreitung reformatorischen Denkens, Glaubens und Handelns etwa in München in geradezu abenteuerlich präziser und konkreter Weise vor Augen zu führen – an dem Beispiel der nun – aus Augsburg mitgebrachten! – ’neuen‘ Lieder: auf Veranlassung einer Laiin wurden sie nun von Bettelschülern auf den Gassen gesungen … „Frühen Drucken der Reformation im heutigen Bayern“ nachzuspüren erwies sich auf der dreitägigen Jahrestagung des Vereins für bayerische Kirchengeschichte geradezu als ein Gang in neu zu vermessende Gefilde. Die große mediale Vielfalt der Verbreitung reformatorischen Gedankengutes wurde deutlich – allein schon durch den Blick auf die ‚Kleinschriften‘ der Jahre bis 1521. Da wurden nicht selten Wirtshäuser die Stätte der Verlesung von Flugschriften. Laien schalteten sich gelegentlich mit kühnem Mut in die Debatte um elementare Fragen des Verstehens und der Praxis des ganz anders als bisher umschriebenen Glaubens ein – quer durch eine Familie konnten sich dabei Trennlinien bilden, wie an Johann von Schwarzenberg gezeigt wurde.
Die Frage nach den frühen Drucken der Reformation, kaum gestellt, erwies sich als ungeheuer fruchtbarer Ausgangspunkt – neueste Versuche, am Beginn der Reformation erschienene Texte in heutige Sprache zu gießen, wurden erfreulicher kritischer Durchleuchtung ausgesetzt – notabene von germanistischer Seite.
Die aus jeweils berufenem Munde vorgetragenen Beiträge werden veröffentlicht im 86. Band (2017) der Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte. Die hier gesetzten Akzente sind markant. Für die weitere einschlägige Forschung wird der Band weit über Bayern hinaus – so wissen es die Teilnehmer der Tagung – erhebliche Impulse bereithalten.
Hoffnungsvoll ist die Beobachtung, dass der Versuch der Rekonstruktion der kirchengeschichtlichen Entwicklung in .Bayern‘ generati- onenübergreifend gepflegt wird: über zwei Drittel des neu gewählten Vorstandes des Vereins für bayerische Kirchengeschichte sind Personen aus dem aktiven Berufsleben. Neue jüngere Mitglieder, ausgewiesene Kräfte aus Universität und Pfarrerschaft, konnten gewonnen werden. Vertreter der Allgemeinen Regionalgeschichte, der klassischen evangelischen und katholischen Kirchengeschichte, der Jurisprudenz (Kirchenrecht/ Rechtsgeschichte), der Germanistik (Literaturgeschichte) und der Allgemeinen Geschichte – insgesamt vier Ruheständler und zehn Berufstätige leiten nun die Arbeit des Vereins für bayerische Kirchengeschichte – in Kontinuität und Qualität. Regelmäßiger Ausweis dessen sind die Buchreihe „Arbeiten zur Kirchengeschichte Bayerns“ sowie die jährlich erscheinende „Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte“. Letztere wird seit 1998 verantwortlich herausgegeben von Prof. D. Dr. Rudolf Keller, unter vielfacher Unterstützung in Bezug auf Autorengewinnung, Gutachtertätigkeit, Lektoratsarbeit, Beobachtung der Forschung (Rezensionsteil, verantwortlich Wolfgang Huber/ Marburg), Herstellung, Registerarbeiten und Werbung.
Dr. Dietrich Blaufuß, Erlangen
(aus Korrespondenzblatt S. 151/152 Nr. 8/9 August/September)